Presseschau des Tages // 6.11.2018

· Presseschau

Das geplante "Gute-Kita-Gesetz" der Bundesregierung sorgt bei Fachverbänden für Skepsis. Der bisherige Entwurf werde zu "keiner flächendeckenden Qualitätsverbesserung in der Kindertagesbetreuung führen und auch nicht dazu beitragen, dass bestehende Unterschiede der Länder in zentralen Strukturmerkmalen abgebaut werden", heißt es in einer Stellungnahme des Verbands Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK). Anlass war eine öffentliche Anhörung des Gesetzes im Familienausschuss des Bundestags am Montag. Der KTK kritisiert insbesondere, dass im vorliegenden Entwurf keine dauerhafte, über 2022 hinausgehende Beteiligung des Bundes an der Kita-Finanzierung sichergestellt sei. Dies gehe zulasten einer langfristigen Weiterentwicklung der Qualität der Betreuung. Zudem fehle es an Verbindlichkeit bei der Verwendung der Mittel und den Qualitätszielen. Der Verband fordert unter anderem einen besseren Betreuungsschlüssel sowie mehr Zeit für Leitungsaufgaben. Ähnlich äußerte sich der Familienbund der Katholiken. Er verwies auf Schätzungen, nach denen pro Jahr rund acht Milliarden Euro in die Qualität der Kindertagesbetreuung investiert werden müssten. Der Verband bevorzugt eine einkommensabhängige Staffelung der Elternbeiträge gegenüber einer generellen Beitragsfreiheit für alle Familien. Vor allem sollte in qualifiziertes Personal investiert werden. In eine ähnliche Richtung äußerten sich unter anderem auch Diakonie und Arbeiter-Samariter-Bund. Bis 2022 will der Bund mit dem sogenannten Gute-Kita-Gesetz zur Verbesserung der Qualität in Kitas beitragen und Länder und Kommunen mit 5,5 Milliarden Euro unterstützen. Zudem sollen die Länder durch die Finanzhilfe die Möglichkeit erhalten, Kita-Beiträge zu reduzieren oder abzuschaffen. Auch am Ausbau der Kitas um 100.000 weitere Plätze bis 2020 will sich der Bund beteiligen. Im kommenden Jahr soll es eine Fachkräfteinitiative an, um mehr Menschen für den Erzieherberuf zu gewinnen.

Kurz vor der Verabschiedung des Rentenpakets der großen Koalition warnt der Sozialverband VdK vor einer Benachteiligung ärmerer Seniorinnen. "Es ist unerträglich, dass bedürftige Rentnerinnen die geplanten Verbesserungen bei der Mütterrente vollständig mit der Grundsicherung verrechnen müssen", sagte VdK-Präsidentin Verena Bentele dem "Spiegel" (Samstag). Als Konsequenz forderte sie einen monatlichen Freibetrag von 208 Euro in der Grundsicherung, damit betroffene Seniorinnen den Rentenzuschlag behalten dürfen. Ein vergleichbarer Freibetrag existiert bereits für die betriebliche und private Vorsorge. Es sei "nicht gerechtfertigt, dass diese Regelung nicht auch für Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung gilt", zitiert das Magazin aus einer Stellungnahme des Verbands für den Bundestag. Das Rentenpaket soll in der nächsten Woche im Parlament verabschiedet werden. Die Koalition will Müttern oder Vätern, deren Nachwuchs vor 1992 geboren wurde, von Januar an ein weiteres halbes Jahr an Kindererziehungszeiten bei der Rente gutschreiben. Damit würde jedes Kind ihre gesetzliche Altersversorgung um rund 16 Euro (West) beziehungsweise 15 Euro (Ost) im Monat erhöhen. Von der Regelung sollen nach Angaben der Bundesregierung etwa zehn Millionen Menschen profitieren. Derzeit beziehen rund drei Prozent aller Altersrentner die staatliche Grundsicherung.

Die Kluft zwischen Arm und Reich in Deutschland ist laut einer aktuellen Analyse in den vergangenen Jahren größer geworden. Die Gruppe der Menschen mit mittleren Einkommen sei geschrumpft, heißt es in dem am Montag veröffentlichten neuen Verteilungsbericht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Demnach hat der Anteil der Haushalte unter der Armutsgrenze - also mit weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens - deutlich zugenommen. Der Anteil der reichen Haushalte - mit mindestens dem doppelten des mittleren Einkommens - habe etwas zugenommen. Mehr Haushalte hätten zudem über mindestens fünf Jahre hinweg ein sehr niedriges oder sehr hohes Einkommen gehabt. Seit den 1990er Jahren sei der Anteil von nach Einkommen armen Menschen von rund 11 Prozent auf fast 16,8 Prozent gestiegen, erklärte Studienautorin Dorothee Spannagel. Zuletzt sei die Zunahme vor allem auf Flüchtlinge zurückzuführen gewesen, die Armutsquote unter in Deutschland Geborenen sei hingegen stabil geblieben. Zudem gebe es wesentliche Unterschiede nach Geschlecht und Region, heißt es weiter. Westdeutsche Männer hätten am häufigsten ein dauerhaft hohes Einkommen: Etwa zwei Drittel der Wohlhabenden seien männlich, insgesamt lebten 95 Prozent der "Einkommensreichen" in Westdeutschland. Im Osten dagegen lebten knapp 62 Prozent der dauerhaft Armen, obwohl dort nur ein Fünftel der Gesamtbevölkerung ansässig sei. Die Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, Verena Bentele, sagte, es dürfe nicht sein, "dass trotz der starken Wirtschaftskraft ein großer Anteil der Bevölkerung dauerhaft vom Wohlstand abgehängt bleibt". Die Kluft zwischen Arm und Reich dürfe sich nicht noch weiter vergrößern. Bentele forderte mehr Umverteilung durch eine Steuerpolitik, die Menschen mit großen Vermögen für das Gemeinwohl stärker in die Pflicht nehme. Die Linken-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Sahra Wagenknecht, sagte: "Unsoziale Politik macht Armut für immer mehr Menschen zum Dauerzustand." Vor allem Rentnerinnen, Erwerbslose oder Alleinerziehende würden von der Regierung im Stich gelassen. Dafür nehme die Zahl der "Superreichen" zu. "Um die soziale Spaltung zu verringern, muss endlich Politik für die Mehrheit statt für Millionäre gemacht werden", forderte Wagenknecht. Grünen-Sozialpolitiker Wolfgang Strengmann-Kuhn sagte, die Ergebnisse der Studie müssten für die Bundesregierung "ein Weckruf sein, den Kampf gegen Armut endlich ernst zu nehmen". Union und SPD sollten sich "mit den grundlegenden Gründen für sichtbare und verdeckte Armut in Deutschland befassen". Sinkende soziale Mobilität und Chancengerechtigkeit erzeugten "Risse im Fundament unserer demokratischen Gesellschaft". Für den Verteilungsbericht wurden den Angaben zufolge die neuesten verfügbaren Daten aus dem Sozio-ökonomischen Panel genutzt, die sich auf das Jahr 2015 beziehen. In einer Wiederholungsbefragung machen jährlich 11.000 Haushalte unter anderem Angaben zu ihren Einkommen. (Familienbund der Katholiken/Sascha Nicolai/KNA)