Zur Debatte um §219a

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Selbstbestimmungsrecht und Lebensrecht im Spannungsverhältnis betrachten

Am Freitag, den 13.05.2022 wird im Bundestag die vom Bundeskabinett vorgeschlagene Aufhebung des § 219a diskutiert. Erschütternd ist dabei weniger die erwartbare politische Realität, als die Trivialisierung von Schwangerschaftsabbrüchen im begleitenden öffentlichen Diskurs, der die Abschaffung des §219a als notwendigen Schritt auf dem Weg zur unausweichlichen Abschaffung des §218 kennzeichnet.

Werbeverbot aufrecht erhalten 

Im Hinblick auf die Abschaffung des §219a ist fraglos festzuhalten, dass Schwangere umfassende, niederschwellige und seriöse Informationen erhalten müssen, um eine informierte und selbstverantwortete Entscheidung in einer Konfliktsituation treffen zu können. Ebenso brauchen Ärzte, die sachlich und angemessen über straffreie und nicht rechtswidrige Schwangerschaftsabbrüche informieren, Rechtssicherheit in ihrer Tätigkeit. Die Möglichkeit zu Informieren ist aber von Werbung zu unterscheiden, die einen Schwangerschaftsabbruch anpreist bzw. zu diesem motivieren will. Das Verbot unangemessener Werbung dient dem Ziel Schwangerschaftsabbrüche nicht zu banalisieren oder zu kommerzialisieren. Es bleibt also zu fragen, inwiefern durch eine Aufhebung des §219a sichergestellt werden kann, dass schwangere Frauen im Konfliktfall zu einer qualitativ hochwertigen Entscheidungsgrundlage gelangen können, ohne unzulässiger Werbung ausgesetzt zu sein. Anpreisende oder grob anstößige Werbung für Schwangerschaftsabbrüche oder Werbung eines Vermögensvorteils wegen, sollte daher weiterhin auf der Ebene eines Gesetzes explizit verboten bleiben.

Wenig beachtet bleiben im aktuellen Diskurs aber zwei Perspektiven:

Spannungsfeld wahrnehmen

Zum einen verbinden die gesetzlichen Regelungen des §218ff. das Selbstbestimmungsrecht der Frau mit dem Lebensrecht des ungeborenen Kindes. Dieses Spannungsfeld scheint aber aktuell nur noch bedingt wahrgenommen zu werden. Das Selbstbestimmungsrecht der Frau, so wird suggeriert, ist durch das deutsche Strafgesetzbuch einseitig und unzulässig eingeschränkt. Das Dilemma der Schwangeren kann aber nur vor dem Hintergrund des Lebensrechts des Kindes wahrgenommen werden, um diesem dann angemessen zu begegnen. In diesem Dilemma ist die Gesellschaft aufgerufen, der Frau, unabhängig von Ihrer Entscheidung, in allen existentiellen und sozialen Herausforderungen beizustehen,  Beratung und Information anzubieten, die das Recht auf Selbstbestimmung der Frau und das Lebensrecht des Kindes voll berücksichtigen. Dazu gehört es, die Entscheidung selbst nicht zu bagatellisieren. Beide Aspekte, das Recht der Frau und das Recht des ungeborenen Lebens, müssen wahrgenommen werden. Letztlich kann das Strafgesetzbuch diesen Konflikt nicht auflösen, berücksichtigt ihn in Deutschland aber auf angemessene Weise.

Mutter als Verbündete des Kindes stärken

Gleichzeitig muss wahrgenommen werden, dass das ungeborene Kind auf die Mutter als Verbündete angewiesen bleibt. Denn nur durch seine Mutter kann es leben. Niemand kann ihr diese Entscheidung über einen Schwangerschaftsabbruch abnehmen oder sollte sie wegen dieser Entscheidung anfeinden. Folgt man einschlägigen Untersuchungen (BZgA (2016): Frauen leben 3. Familienplanung im Lebenslauf von Frauen. S. 8-14) zu den Gründen von Schwangerschaftsabbrüchen, so wird deutlich, dass die häufigsten Gründe für die Entscheidung gegen ein Kind fehlende Unterstützung im sozialen Umfeld oder strukturelle Unsicherheiten sind. Dies muss, unabhängig von der rechtlichen Situation, als Auftrag im Streben um eine kinderfreundliche Gesellschaft verstanden werden. 

Die vermeintliche Auflösung des Konfliktes durch Streichung der rechtlichen Rahmenbedingungen, nimmt die Konfliktsituation nur aus der öffentlichen Wahrnehmung.